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Eurobarometer

Eurobarometer
Überblick

„Das Eurobarometer als unabhängiges, transparentes und wissenschaftlich evaluiertes Instrument wird – so meinen wir – im europäischen Diskurs an Relevanz gewinnen. Egal ob es gelingt, Europa kommunikativ zu realisieren und als gemeinsames Projekt voranzutreiben oder ob dies scheitert, es wird immer der Selbstbeobachtung und Rekonstruktion von Entwicklungen bedürfen. […] Als medialer Content, als Grundlage politischer Kommunikation, als Input in politics, policy und polity, als Basis sekundärstatistischer Auswertungen und als Versuch der Selbstreflexion der europäischen Union ist das Eurobarometer unverzichtbar“ (Karmasin & Pitters, 2008, S. 449).


Der Eurobarometer (EB) wird in regelmäßigen von der Europäischen Kommission (spezifische Module werden auch vom Europäischen Parlament kommissioniert) in Auftrag gegeben und soll die Einstellungen und Meinungen der Bevölkerung in den Ländern der EU erfassen. Neben gleichbleibenden Standardfragen werden Schwerpunkte (vor allem im Special EB) gesetzt. Die erste Umfrage erfolgte 1973 (Pausch, 2009) und dient seit 1978 der EU-Kommission als ein Dauerbeobachtungsinstrument. Aktuell wird die Befragung von TNS Opinion (bzw. Tochtergesellschaften in den einzelnen Ländern oder VertragspartnerInnen) durchgeführt. Kuratiert wird der Eurobarometer hauptsächlich von GESIS bzw. können die Daten auch von dem „Interuniversity Consortium for political and social Research“ (ICPSR) bezogen werden. Letztere verweisen in der Dokumentation meist auf die GESIS. Der Eurobarometer wird tendenziell nur mit Meinungsumfragen bezogen auf die EU bzw. ihren Institutionen in Verbindung gebracht – dies jedoch zu Unrecht, denn es vereinen sich unter dem Namen eine Fülle an Befragungen zu sehr unterschiedlichen Themengebieten (siehe Themenschwerpunkte). Die Daten lassen sich je nach Erhebung mehr oder weniger in wissenschaftlichen Arbeiten einsetzen. Aufgrund der hohen Frequenz an Befragungen ist es schwierig, einen kompakten Überblick zu geben, auf jeden Fall sollte daher die angegebene Webseite im Steckbrief und der Überblick bei den Downloads begutachtet werden. Beim Eurobarometer handelt es sich zudem nicht nur um eine Befragung, sondern genau genommen um vier verschiedene, welche sich in ihren Inhalten und auch Designs unterscheiden (Hoffmeyer-Zlotnik & Warner, 2012, S. 119ff.):


Standard EB

Das Standard EB ist eine zwei- bis fünfmal pro Jahr durchgeführte Umfrage mit im Durchschnitt 1.000 persönlich-mündlichen Interviews (CAPI) in jedem in die Untersuchung einbezogenen Land. Die inhaltlichen Fragen, von denen einige regelmäßig, andere nach Bedarf gestellt werden, bilden ein breites Spektrum ab: Es geht um ein Meinungsbild zur EU als Ganzes, zu EU-Institutionen, zur Unionsbürgerschaft oder Unionserweiterung.

Special EB

Sie bestehen aus in die Tiefe gehenden thematischen Befragungen und werden für verschiedene Abteilungen der Europäischen Kommission, aber auch für andere Institutionen der EU durchgeführt. Die Themen sind breit gefächert und erfassen Einstellungen und Verhalten etwa zur ITK oder zum Klimawandel. Die Items werden als Sonderteile in den Standard EB integriert. Beide fließen daher ineinander und werden daher häufig zusammen als Standard & Special EB bezeichnet.

Flash EB

Sie werden im Auftrag der Europäischen Kommission ad-hoc durchgeführt und dienen der kurzfristigen Untersuchung spezieller Themenfelder, oft auch an speziellen Zielgruppen orientiert. Es wird zumeist CATI eingesetzt, die Größe der Stichprobe ist stark von der Fragestellung abhängig.

EB Qualitative

Die qualitative Reihe behandelt Motive, Einstellungen und Reaktion von ausgewählten sozialen Gruppen, wie z. B. die Einstellungen von Journalisten zu den Neuen Medien oder die Kinderrechte aus der Sicht von Kindern. Die letzte Studie erfolgte aber 2014, zudem stehen die EB Qualitative nicht auf GESIS zur Verfügung.


Im Weiteren wird vorrangig der Standard & Special EB behandelt, da dieser weiterhin durchgeführt wird (im Gegensatz zum EB Qualitative) und andererseits eine adäquate Dokumentation für die Benutzung in wissenschaftlichen Analysen aufweist (zwar lässt sich auch der Flash EB nutzen, hierbei stehen aber weniger Informationen zur Verfügung – im Vergleich zu Standard & Special EB erscheinen auf Basis von Flash nur wenige wissenschaftliche Journalartikel). Abbildung 1 zeigt einen Auszug aus den Befragungswellen aus dem Report des EB79.4 (European Commission, 2017a). Standard, Subset und Special Topic Befragungen wechseln sich entsprechend ab. Das Subset ist letztendlich eine verkürzte Form des Standard & Special EB, beinhaltet also die gleichen Items jedoch in geringerer Zahl.

Abbildung 1 – Auszug aus den Standard & Special EB





European Commission. (2017a). Eurobarometer 79.4 (2013). GESIS Data Archive. https://doi.org/10.4232/1.12730

European Commission. (2017b). Eurobarometer 81.2 (2014). GESIS Data Archive. https://doi.org/10.4232/1.12730

Gabler, S., & Häder, S. (1997). Wirkung von Gewichtungen bei Face-to-Face- und Telefonstichproben. Eurobarometer-Experiment 1994. In S. Gabler & J. H. P. Hoffmeyer-Zlotnik (Hrsg.), Stichproben in der Umfragepraxis (S. 221–246). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Abgerufen von http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:1111-20120219802

GESIS. (o. J.-a). Flash EB - Countries, Regions, Population Coverage. Abgerufen 27. Dezember 2017, von https://www.gesis.org/eurobarometer-data-service/survey-series/flash-eb/population-countries-regions/

GESIS. (o. J.-b). Flash EB - Sampling and Fieldwork. Abgerufen 27. Dezember 2017, von https://www.gesis.org/eurobarometer-data-service/survey-series/flash-eb/sampling-fieldwork/

Hoffmeyer-Zlotnik, J. H. P., & Warner, U. (2012). Harmonisierung demographischer und sozio-ökonomischer Variablen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19026-6

Karmasin, M., & Pitters, H. (2008). Methodenprobleme international vergleichender Umfragen am Beispiel des „Eurobarometer“. In G. Melischek, J. Seethaler, & J. Wilke (Hrsg.), Medien & Kommunikationsforschung im Vergleich: Grundlagen, Gegenstandsbereiche, Verfahrensweisen (S. 435–450). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90808-3_22

Pausch, M. (2009). Eurobarometer und die Konstruktion eines europäischen Bewusstseins. In M. Weichbold, J. Bacher, & C. Wolf (Hrsg.), Umfrageforschung: Herausforderungen und Grenzen (S. 539–552). Wiesbaden: VS, Verlag für Sozialwissenschaften.

Steckbrief
Ziel: Erfassung gesellschaftlicher Entwicklungen von Meinungen und Einstellungen sowie ex post Evaluierungen von Maßnahmen
Design: Querschnittserhebung bzw. aufgrund der Wiederholung von Items meist als Trenddesign bezeichnet
Grundgesamtheit: Wohnbevölkerung ab 15 Jahren im jeweiligen Land
Stichprobe: Mehrstufige Wahrscheinlichkeitsstichprobe
Erhebungstechnik: Hauptsächlich CAPI (Computer Assisted Personal Interviewing)
Erhebungszeitraum: Mehrmals im Jahr, mit sehr kurzer Erhebungsdauer von meist nur wenigen Wochen
Webseite: GESIS: bzw. EU
Themenschwerpunkte
Standard Barometer
Meinung über die EU und ihre Institutionen, Europa 2020, Unionsbürgerschaft usw.
Special Barometer
Kommunikation: Massenmedien, Informationsgesellschaft
Konsum: Qualität von Konsumgütern, Verbraucherrechte, Nahrungsproduktion, Produktsicherheit, Kaufgewohnheiten
Kulturelle Identität: Ethnische Gruppen und Minderheiten, Europäische Werte, Migration, nationale Identität, regionale Identität
Arbeit: Arbeitsbedingungen, Zeitverwendung, Mobilität, Arbeitslosigkeit
Familie: Kindererziehung, häusliche Gewalt, Familienplanung, familiäre Beziehungen
Geschlechterrollen: Rollenverteilung in der Familie, Geschlechterungleichheit
Lebensbedingungen: Lebensqualität, soziale Ungleichheit, soziale Sicherheit
Politik: Politische Einstellung, politische Partizipation, Wahlen
Gesundheit: Gesundheitsverhalten, Gesundheitsdienste, Gesundheitsstatus
Weitere Themen: Ökonomische Aspekte, Pension, soziales Kapital, Umwelt, Energie, Nachhaltigkeit, öffentlicher Verkehr
Methodologie
Downloads
Zugang zu den Datensätzen


Daten können auf gesis.org bezogen werden. Zugang ist kostenlos.   

Onlineanalyse


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Ausgewählte empirische Analysen auf Basis des Surveys
Delhey, J., Deutschmann, E., & Cirlanaru, K. (2015). Between ‘class project’ and individualization: The stratification of Europeans’ transnational activities. International Sociology, 30(3), 269–293. https://doi.org/10.1177/0268580915578744
Farsalinos, K. E., Poulas, K., Voudris, V., & Le Houezec, J. (2017). Prevalence and correlates of current daily use of electronic cigarettes in the European Union: analysis of the 2014 Eurobarometer survey. Internal and Emergency Medicine, 12(6), 757–763. https://doi.org/10.1007/s11739-017-1643-7
Rughiniş, C., & Rughiniş, R. (2014). Nothing ventured, nothing gained. Profiles of online activity, cyber-crime exposure, and security measures of end-users in European Union. Computers & Security, 43, 111–125. https://doi.org/10.1016/j.cose.2014.03.008
Teney, C. (2016). Does the EU Economic Crisis Undermine Subjective Europeanization? Assessing the Dynamics of Citizens’ EU Framing between 2004 and 2013. European Sociological Review, 32(5), 619–633. https://doi.org/10.1093/esr/jcw008

V.2.1 - 2021