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Teaching & Learning Academy
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Teachers Talk

Florentine Maier

Univ. Doz.in Dr.in Florentine Maier vom Institut für Nonprofit Management und Governance berichtet in dieser Ausgabe, wie KI ihre Lehre verändert hat, und plädiert dafür, die KI zum Anlass zu nehmen, neue didaktische Wege zu erkunden.

Außerdem erläutert sie, wie Lehrende Studierende unterstützen können ihre Resilienz angesichts globaler Herausforderungen zu stärken – ein Thema, das sie in ihrer 2024 für den Ars Docendi nominierten Lehrveranstaltung behandelt.

Wie hat sich Ihre Lehre verändert, seit es genKI Tools gibt?

KI wirft liebgewonnene didaktische Vorstellungen über den Haufen. In den Köpfen vieler Lehrender ist das Bild einer Lernzieltaxonomie in Form einer Pyramide verankert. Die Lernenden arbeiten sich von der untersten Stufe (Lerninhalte erinnern können) über die mittleren Stufen (z.B.: Anwenden können) zur obersten Stufe des eigenständigen Gestaltens voran. KI wirbelt diese Taxonomie durcheinander. Plötzlich ist es die einfachste Sache der Welt, durchaus originelle Texte zu generieren. Die vermeintlich niedrige Stufe des Erinnerns ist dafür essenziell, um den Output der KI beurteilen zu können.

Beurteilen (nach traditioneller Lernzieltaxonomie die zweithöchste Stufe der Kompetenz) sollte man jetzt vielleicht als die höchste ansehen. In der Lehre gilt es nun, neue didaktische Wege zu erkunden und Studierenden Orientierung zu bieten, indem man Information Literacy und kritisches Denken stärkt: Wo findet und woran erkennt man belastbare Evidenz? Was ist ein logisches Argument? Was sind typisch menschliche Wahrnehmungsverzerrungen?

Wie beeinflusst der Einsatz von KI die Art des Lernens der Studierenden?

Viele meiner Studierenden nutzen die KI wie eine virtuelle Studienkollegin, die zwar viel weiß, aber keine verlässlichen Quellen angeben kann und manchmal daneben liegt. Bei den schriftlichen Arbeiten sehe ich eine zweigeteilte Entwicklung. Etwa die Hälfte der Arbeiten ist besser geworden, weil Studierende mit KI schneller Texte erstellen können und damit in der gleichen Zeit mehr erreichen, z.B. durch sorgfältigere Ausarbeitungen. Bei der anderen Hälfte sehe ich keine qualitative Veränderung. Das könnten Studierende sein, die KI nicht nutzen, oder solche, die halbwegs kompetent prompten, aber nicht zusätzlich am Output der KI feilen. Ich bin jetzt dabei, das Anspruchsniveau für schriftliche Arbeiten anzuheben, also pointiert gesagt: Was vor ChatGPT „gut“ war, ist heute nur noch „genügend“.

Gibt es Bereiche, in denen Sie KI nicht einsetzen würden?

Es bleibt wichtig, Prüfungen ohne KI durchzuführen, um das Grundwissen zu testen. Die Studierenden brauchen eine Wissensbasis, um KI-generierte Inhalte beurteilen zu können. Ansonsten sehe ich KI als ein weiteres Werkzeug, das die menschliche Produktivität steigert, ähnlich wie früher der Laptop. Wer den Umgang damit beherrscht, wird mit einem Laptop produktiver arbeiten als mit Papier und Bleistift, und mit KI produktiver als ohne.

KI aus dem Unterricht zu verbannen – außer in Prüfungssituationen – ist ohnehin kein gangbarer Weg.  Auch in der Arbeitswelt ist KI bereits Realität. Unternehmen freuen sich über Produktivitätssteigerungen durch den Einsatz dieser neuen Technologie. Unsere Aufgabe ist es, den Studierenden beizubringen, wie sie KI kompetent und ethisch einsetzen können.

In Ihrer für den Ars Docendi eingereichten LV geht es um die Förderung persönlicher Resilienz und Empowerment von Studierenden in Krisensituationen. Haben Sie einen konkreten Tipp, der sich auch auf andere LVs übertragen lässt?

Wir leben in einer schwierigen Zeit mit ökologischer Zerstörung, Demokratieverfall, Kriegen und wirtschaftlichen Problemen. Mein erster Tipp für Lehrende wäre, sich ehrlich zu fragen, wie es ihnen damit geht. Was macht uns Angst? Was verdrängen wir? Welche Hoffnungen haben wir? Sind diese Hoffnungen realistisch?  Bevor man solche Fragen nicht für sich selbst durchgearbeitet hat, sollte man in LVs die Finger davon lassen. Sowohl das Verbreiten von Alarmismus als auch das Verbreiten allzu leichter Hoffnung gegenüber den Studierenden halte ich heutzutage für problematisch. Als Lehrende sind wir nicht weiser als die Studierenden im Umgang mit den globalen Krisen. Aber Lehrende können Mut-Räume eröffnen, in denen Austausch über Unsicherheit und sinnvolles Handeln möglich ist. Ideen dazu haben meine Kolleginnen und ich auf Basis unserer Erfahrungen mit der Resilienz-LV in einem Paper zusammengefasst. Im nächsten Jahr soll es zumindest als deutschsprachiges Buchkapitel erscheinen.