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Teaching & Learning Academy
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Teachers Talk

Sigrid Stagl

In dieser Ausgabe berichtet Professorin Sigrid Stagl, Departmentsvorständin Sozioökonomie und Co-Leiterin des Kompetenzzentrums für Sustainability Transformation and Responsibility, über ihre Lehrerfahrungen mit Flipped Classroom. In diesem Interview verrät sie zudem, was für sie gute Lehre bedeutet und was sie aus dem vergangenen Jahr gerne beibehalten möchte.

Was bedeutet gute Lehre für Sie?

Gute Lehre hat viel mit Handwerkszeug zu tun, vor allem bei der Vorbereitung. Dabei geht es beispielsweise um nach pädagogischen Erkenntnissen gut ausgerichtete Syllabi und das Bereitstellen qualitätsvoller Lehrmaterialien. In der Interaktion mit Studierenden bedeutet gute Lehre für mich Strukturiertheit, Klarheit und ein adäquater Enthusiasmus. Mit je mehr Energie wir Lehrenden in die Lehrveranstaltung hineingehen, umso mehr kommt auch zurück. Als dritten Punkt finde ich es wichtig, so oft wie möglich Feedback zu geben. Das kann mit den vorhandenen zeitlichen Ressourcen eine Herausforderung sein, aber wir sind bemüht, die Studierenden auf diese Weise zu unterstützen, da gerade junge Menschen an Orientierung interessiert sind und viel durch direktes Feedback lernen.

Welche Lehrmethoden oder -ansätze, die Sie im vergangenen Jahr erstmals angewendet haben, würden Sie gerne beibehalten und warum?

Schon vor der Corona-Pandemie haben wir beispielsweise mit Flipped Classroom experimentiert. In diesem Bereich konnten wir uns noch einmal weiterentwickeln. Wir haben auch gemerkt, dass vieles über Bildschirm und Videocalls gut gelingt und manches vielleicht sogar besser. Zum Beispiel schätze ich die Funktion über Konferenztools, Gruppen zufällig einzuteilen. Die zufällige Gruppeneinteilung ist mir sehr wichtig, damit sich Studierende kennenlernen, was nur durch die Zusammenarbeit gelingt. In Präsenz hat die zufällige Einteilung öfter zu Unmut seitens der Studierenden geführt, online ist es jedoch gängige Praxis.

Ein weiterer positiver Aspekt ist die inklusive Lehre, die ich gerne soweit wie möglich beibehalten möchte. Studierende, die z. B. Pflegeverpflichtungen haben, erfahren eine große Belastung und stehen oft vor logistischen Herausforderungen. In dieser Situation ist es eine wesentliche Erleichterung, wenn einzelne Vorlesungen online stattfinden und Fragen im Chat gestellt werden können.

Auch für den internationalen Austausch bringen uns digitale Technologien und die gewonnenen Erfahrungen sehr viel. Durch digitale Lösungen lassen sich internationale Konferenzen nun intelligenter und ressourcensparsamer organisieren und gestalten. Anstatt Transatlantikflüge zu bewerkstelligen, bieten sich für den Austausch lokale Hubs an, die mit dem Zug erreichbar sind. Von diesen Hubs aus finden dann die transkontinentalen virtuellen Meetings statt.

Sie haben das Flipped-Classroom-Modell genannt. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Die Anregung mit Flipped Classroom zu arbeiten, erhielt ich bei einem Vortrag des Erfinders der Khan Academy. Der Hauptkritikpunkt war, dass wertvolle Präsenzzeit mit Vorlesungen verbracht wird. Schwierige Aufgaben, wie das Erfassen und Übertragen eines Konzepts, werden hingegen den Studierenden in der Selbstlernzeit überlassen. Wenn die Vorlesungen aufgezeichnet werden, können sich Studierende gerade komplexe Lehrinhalte mehrmals anhören und die Präsenzzeit bleibt zur Vertiefung und zum Ausprobieren. Dies fördert die kritische Auseinandersetzung und berücksichtigt zudem verschiedene Lebensumstände.

Die Anwendung in der Praxis ist allerdings gar nicht so einfach, da die Präsenzzeit mit einer Vielzahl an interaktiven Elementen viel Vorbereitung benötigt und auch die Aufzeichnungen gerade in meinem Forschungsfeld regelmäßig aktualisiert werden müssen. Daher empfehle ich Kolleg*innen, die seltener Aufzeichnungen machen wollen, sich nur auf die Kernelemente zu fokussieren und den aktuellen Diskurs im Präsenzunterricht zu erörtern. Bei der Entwicklung des Lehrdesigns ist es zudem wichtig, aus der Sicht der Studierenden zu planen. Durch Readings, Videos und der interaktiven Präsenzzeit kann der Workload für Studierende sehr hoch werden. Hier gilt es klug zu entscheiden, welche Elemente relevant sind und ob das Format dem vorgegebenen Stundenausmaß entspricht.

Welchen abschließenden Gedanken würden sie den WU-Lehrenden gerne mitgeben?

Für mich ist es ein Privileg, täglich mit jungen Menschen arbeiten zu dürfen und die Möglichkeit zu haben, ein kleines Puzzlesteinchen in ihre Überlegungen und Herangehensweisen zu legen. Das ist etwas, was mich persönlich antreibt und mich motiviert. Ich glaube, es ist wichtig, die Kombination von Lehre und Forschung mit Begeisterung umzusetzen und auch an einer großen Universität sollte das Individuum als Person wahrgenommen und bestmöglich unterstützt werden.