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Cognitive Load Theory

Die Rolle des Arbeitsgedächtnisses für das Lernen - Implikationen für das Lehren

Die Cognitive Load Theory (CLT) ist eine Theorie der kognitiven Belastung des Gedächtnisses und geht auf Sweller und Chandler (Sweller & Chandler, 1991) zurück. Die Theorie basiert auf den folgenden Annahmen, die in zahlreichen Einzelstudien empirisch belegt wurden:

  • Die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses ist begrenzt. Diese Annahme wurde bereits von Miller (Miller, 1956) im Jahr 1956 getroffen, der feststellte, dass das Arbeitsgedächtnis nur 7+/- 2 Dinge behalten kann.
  • Lernen bedeutet Schemata zu konstruieren. Dadurch wird Wissen kategorisiert und organisiert. Während des Lernvorganges, wird Wissen aus dem Langzeitgedächtnis ins Arbeitsgedächtnis transferiert und dort mit neuem Wissen verknüpft.  Dabei muss das Wissen strukturiert – manchmal auch umstrukturiert werden.
  • Im Langzeitgedächtnis werden sinnvoll zusammenhängende Informationen in sogenannten Chunks gebündelt. Ein Chunk kann dadurch sehr viel Information enthalten, die aber vom Arbeitsgedächtnis nur noch als einzelnes Element wahrgenommen wird. Dadurch kann erklärt werden, warum fortgeschrittene Lerner auch mit komplexen Aufgaben nicht überfordert sind. Das Arbeitsgedächtnis kann ja auf bereits vorhandene Chunks zurückgreifen.

Die CLT nimmt an, dass kognitive Belastung bei der Bearbeitung einer bestimmten Aufgabe auf unterschiedlichen Ebenen auftreten kann. Einerseits auf Ebene der Aufgabe selbst (Intrinsic Cognitive Load), auf der Ebene der Art und Strukturierung des Lernmaterials (Extraneous Cognitive Load) und drittens auf der Ebene des Arbeitsgedächtnisses selbst, wo Ressourcen für die Konstruktion der Schemata benötigt werden. Man geht davon aus, dass die drei unterschiedlichen Quellen kognitiver Belastung sich addieren.

Der Intrinsic Cognitive Load ergibt sich aus der Aufgabe selbst, d. h. aus dem Schwierigkeitsgrad, der Komplexität und dem Umfang der Aufgabe. Aufgaben, die einen hohen Vernetzungsgrad bzw. viele Zusammenhänge aufweisen, haben einen hohen ICL.

Der Extraneous Cognitive Load ist von der Art und Strukturierung des Lernmaterials abhängig. Müssen Lernende auf dem Weg zur Lösung viele irrelevante Wege gehen und viele kognitive Anstrengungen unternehmen, um zur Lösung zu gelangen, ist der ECL hoch. Können die relevanten Informationen leicht aufgefunden werden, ist der ECL niedrig.

Zwei Kernbotschaften der Theorie sind dabei für Lehrende besonders relevant: 

  • Einerseits ist es wichtig zu wissen, dass Lernmaterialien möglichst gut strukturiert sein sollten, damit Lernende nicht Kapazitäten für den eigentlichen Wissensaufbau verlieren (cf. Niegemann, Domagk, Hessel, Hein, Hupfer & Zobel, 2008, S. 45-49).
  • Andererseits können Informationen leichter behalten werden, wenn sie an bereits vorhandenes Wissen angeknüpft werden können, d. h. wenn sie Chunks bilden.

Für die praktische Anwendung gibt es folgende Beispiele:

Bereitstellen von gelösten Schritt-für-Schritt-Musterbeispielen

Die Lösung von Rechenaufgaben, Fallbeispielen oder ähnlichen Aufgaben werden Schritt für Schritt präsentiert, sodass die Studierenden die Lösung nachvollziehen können. Dadurch werden Suchprozesse nach der richtigen Lösung verhindert und das Arbeitsgedächtnis benötigt nicht unnötig Kapazität. 

Strukturierung und Gestaltung von visuellem Lernmaterial

Stellt man visuelles Lernmaterial zur Verfügung, ist darauf zu achten, dass für das Verständnis notwendige Wissensinhalte nah beieinander positioniert sind. Sind Wissensinhalte, die der Lernende gleichzeitig bearbeiten muss, zeitlich und/oder räumlich voneinander getrennt, beansprucht dies zusätzliche Kapazität im Arbeitsgedächtnis. Dies ist z. B. bei der Präsentation von Folien relevant, aber auch bei der Gestaltung von Skripten, wo darauf geachtet werden sollte, dass die Studierenden die Informationen, die zur Lösung einer Aufgabe nötig sind, auf einen Blick erfassen können.

Abstimmung von visuellem und auditivem Kanal

Gerade bei Lernenden, die noch wenig Vorwissen zu einem bestimmten Bereich haben, wirkt es sich negativ aus, wenn entweder der auditive oder der visuelle Kanal zu sehr beansprucht werden. Ratsam ist es daher, beide Kanäle zur Wissensaufnahme bereitzustellen, d. h. Graphiken mit gesprochenen Ausführungen anstelle von Text zu kombinieren bzw. rechtzeitig das Medium zu wechseln. Besondere Relevanz hat das mit Sicherheit bei der Gestaltung von Vorträgen (vgl. Vorträge gestalten).

Zu viele Erläuterungen können fortgeschrittene Lerner stören

Mit fortschreitender Expertise der Lernenden, können Erläuterungen, die für Lernende ohne oder mit wenig Vorwissen eine wichtige Unterstützung sein können, überflüssig werden und dann den gegenteiligen Effekt haben und den Wissenserwerb behindern. Demzufolge sollten bereits bekannte Inhalte, die in einer Lehrveranstaltung wiederholt werden, anders präsentiert werden als bei der ersten Einführung. Z. B. könnte eine Grafik ohne begleitende Erläuterung präsentiert werden. 

Schwierigkeits- und Komplexitätsgrad der Aufgabe beachten

Komplexe Aufgaben mit hohen Anforderungen sollten in Gruppenarbeit gelöst werden, da die Belastung für jede/n einzelne/n Lernende/n dadurch sinkt. Eine wichtige Bedingung für das kollaborative Bearbeiten von komplexen Aufgaben ist die sinnvolle Verteilung der Aufgaben unter den Lernenden.

Bei einfacheren Aufgaben mit niedrigen Anforderungen an das Arbeitsgedächtnis ist Einzelarbeit erfolgreicher, da der Extraneaous Cognitive Load im Vergleich zur Beanspruchung, die durch das Lernen selbst auftritt, in einer Gruppenarbeit zu hoch würde.

Quellen

Miller, G., “The magical number seven, plus or minus two: Some limits on our capacity for processing information”, in: Psychological Review, 63, 1956, S. 81-97.

Niegemann, H./S. Domagk/S. Hessel/A. Hein/M. Hupfer/A. Zobel, Kompendium multimediales Lernen, Berlin/Heidelberg: Springer 2008.

Sweller, J./P. Chandler, „Evidence for cognitive load theory“, in: Cognition and Instruction, 8, 4/1991.