Evidenzbasierte Lehre
Was beeinflusst erfolgreiches Lernen an der WU? – eine evaluative Studie
Lernerfolg kann durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden. Einige Autor/inn/en fokussieren auf direkt messbaren Faktoren, wie der beobachtbaren Lernzeit oder dem Vorwissen der Studierenden (exemplarisch: Ebbinhaus (1885), Wickelgren (1981), Anderson (2000) oder Lieberman (2011)). Andere Untersuchungen fokussieren sehr stark auf eher latent messbare motivationale und metakognitive Faktoren. Diese reichen von Lernstrategien (z.B. Vermunt (1996) oder für den deutschsprachigen Raum Streblow/Schiefele 2006, Wild 2006) über Lernmotivationen (z.B. Covington 2000 oder Eccles/Wigfield 2002) bis hin zur Selbstwirksamkeit (z.B. Robbins et al. 2004). Karl Ledermüller und Julia Zeeh aus der Abteilung für Evaluierung und Qualitätsentwicklung haben in einem Evaluationsprojekt untersucht, was im WU Kontext erfolgreiches Lernen unter Berücksichtigung der oben genannten Faktoren beeinflusst.
Wie wurde die Fragestellung untersucht?
Um Lernerfolg an der WU besser verstehen und beschreiben zu können, wurde in einem mehrdimensionalen Modell der Einfluss folgender Faktoren auf den Studienerfolg untersucht:
- motivationale und kognitive Faktoren
- das Vorwissen
- das Ausmaß der Prüfungsvorbereitung
- sowie soziodemographische und externe Faktoren als Kontrollvariablen
Nicht nur die jeweilige Wirkung, sondern auch das Zusammenspiel der Variablen untereinander und wie sich diese verstärken oder beeinflussen, wurde berücksichtigt.
Was sind laut Studie die wichtigsten Erkenntnisse?
Der größte Einflussfaktor auf den Studienerfolg ist das Vorwissen der Studierenden. Dieses wird jedoch durch die Zeit, die in die Prüfungsvorbereitung investiert wird, beeinflusst. Die Lernzeit ist dabei umso länger, je höher die Selbstmotivation und je besser das Zeitmanagement der Studierenden ist.
Metakognitive und motivationale Faktoren, wie Prüfungs- und Lernstrategien und Erfolgsorientierung sind ebenso wesentlich für den Studienerfolg.
Ferner bewirken ein niedriges akademisches Selbstkonzept und Prüfungsangst, dass die Studierenden weniger erfolgreich im Studium sind. Andere motivationale Faktoren und Lernstrategien scheinen hingegen keinen Effekt auf den Studienerfolg zu haben – zumindest wenn das Vorwissen und die Prüfungsvorbereitung in das Modell einbezogen werden.
Wie können diese Ergebnisse Lernen erfolgreicher machen?
Vorwissen berücksichtigen
Der Lernerfolg von Studierenden hängt stark von dem Vorwissen der Studierenden und ihren Vorkenntnissen in einem bestimmten Bereich ab. Durch Self-Assement Tests, regelmäßige Lernchecks und Feedback können Lehrende Studierende dabei unterstützen, ihre Vorkenntnisse besser einzuschätzen. Darüber hinaus sind Lehrende besser in der Lage sich auf die jeweilige Studierendengruppe einzustellen. Eine Angleichung des Vorwissens in der Gruppe kann z.B. durch Reading Assignments oder Selbsteinstufungstests vor einer Einheit erzielt werden.
Lernen und Üben einen höheren Stellenwert geben
Bereits seit Ebbinghaus (1885) ist bekannt, dass Wiederholungen eine entscheidende Rolle bei Lernprozessen spielen. Auch diese Studie zeigt, dass erhöhter Lernaufwand zu besseren Learning Outcomes führt. Lernpfade, kooperatives Lernen aber auch das Setzen kleiner Anreize (https://learn.wu.ac.at/tlac/fln0317_sotl) können Lernmotivation stimulieren und den Lernaufwand erhöhen.
Selbstwirksamkeit erhöhen
Selbstwirksamkeit, also die Überzeugung, dass man die universitären Anforderungen erfolgreich bewältigen wird, hängt positiv mit dem Studienerfolg zusammen. Regelmäßiges Feedback über den Lernfortschritt kann Studierenden helfen, Zeit in die Kompetenzen zu investieren, die noch verbessert werden könnten, aber auch ein positives akademisches Selbstkonzept unterstützen. Auch angemessene und sich steigernde Anforderungen können dabei hilfreich sein.
Prüfungsangst ernst nehmen
Angst vor Prüfungen oder vor bestimmten Prüfungssettings kann Studienerfolg beeinträchtigen. Sowohl auf kommunikativer Ebene, als auch durch inhaltlich-organisatorische Maßnahmen kann Prüfungsangst reduziert werden. Lehrende können den Studierenden durch Lernpfade und durch eine klare Strukturierung und Gliederung des Lernstoffes die Angst vor Prüfungen nehmen.
Quellen
Anderson, J. R. (2000). Learning and memory: An integrated approach (2nd ed.). John Wiley & Sons Ausubel
Covington, M. V. (2000). Goal theory, motivation, and school achievement: An integrative review. Annual Review of Psychology, 51, p. 171–200.
Ebbinghaus, H. (1885). Über das Gedächtnis: Untersuchungen zur experimentellen Psychologie, Darmstadt, reprint. Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
Eccles, J. S., & Wigfield, A. (2002). Motivational beliefs, values, and goals. Annual Review of Psychology, 53, p. 109–132.
Ledermüller, K; Zeeh, J.; Weiß, M. (2017): Getting out of the maze! Designing successful learning environments while navigating with Big Data. A Structural Equation Model based institutional approach to predict study success. Paper presented in track 4 at the EAIR 39th Annual Forum in Porto, Portugal 3-6 September 2017
Liebermann, D. A. (2011). Human Learning and Memory. Cambridge University Press.
Robbins, S. B., Lauver, K., Le, H., Davis, D., Langley, R. & Carlstrom, A. (2004): Do Psychosocial and Study Skill Factors Predict College Outcomes? A Meta-Analysis. Psychological Bulletin. Copyright 2004 by the American Psychological Association, Inc. Vol. 130, No. 2, p. 261–288
Streblow, L. & Schiefele, U. (2006). Lernstrategien im Studium. In: Mandl, Heinz und Helmut Felix (2006). Handbuch Lernstrategien. Hogrefe. Göttingen [u.a.] 2006, p. 352-364.
Vermunt, J. D. (1996). Metacognitive, cognitive and affective aspects of learning styles and strategies: a phemomenographic analysis. Higher Education, 31, 25-50.
Wickelgren, W. (1981). Human Learning and Memory. Annual Review of Psychology, Vol. 32, pp 21-52.
Wild, K.-P. (2006). Lernstrategien und Lernstile. In: Rost, D. H. (2006). Handwörterbuch Pädagogische Psychologie. 3., überarb. u. erw. Aufl., Beltz. Weinheim [u.a.] 2006, p. 427-432.